Briefkastenfirmen: wie sie funktionieren

Stand: 28.11.2021

So funktionieren Briefkastenfirmen

Briefkastenfirmen haben in der Vergangenheit schon mehrmals für Schlagzeilen gesorgt. Doch wie so häufig bei Finanzskandalen sind die Begrifflichkeiten nicht immer klar. Das Beispiel der Briefkastenfirma ist eines davon: Was genau machen diese Firmen eigentlich und wie werden sie eingerichtet? Wir haben Antworten auf diese Fragen.

Was ist eine Briefkastenfirma? Legal oder illegal? Am Rande des Erlaubten Nicht das Ende der Fahnenstange Die Zukunft

Was ist eine Briefkastenfirma?

Anders als eine ‚echte‘ Firma, die Produkte oder Dienstleistungen anbietet, wird die Briefkastenfirma nur zum Schein gegründet. Korrekterweise müssen wir jedoch von einer Briefkastengesellschaft sprechen. Hierbei wird eine Gesellschaft im Firmenregister eines Landes eingetragen. Tatsächlich aber herrscht in dieser Firma kein Geschäftsbetrieb. Lediglich ein Briefkasten existiert, was skurriler Weise dazu führt, dass tausende Briefkastenfirmen in einem einzigen Gebäude ansässig sein können.

Grundsätzlich ist die Einrichtung einer Briefkastenfirma, wie es im vorhergehenden Abschnitt beschrieben wurde, erlaubt. Rechtlich problematisch wird der Gebrauch dieser Scheinfirmen, wenn sie für kriminelle Zwecke genutzt werden. Dazu zählen klassischerweise Straftaten wie Geldwäsche, Verschleiern von Vermögen und/oder Einkommen. Besonders ‚attraktiv‘ sind solche Briefkastenfirmen für Gutverdiener in Hochsteuerländern, also in Ländern, in denen vergleichsweise hohe Steuern anfallen.

Briefkastenfirmen dienen dazu, den Eigentümer und seinen Standort zu verschleiern. Mehr als ein Eintragungsdatum und den Firmennamen werden Behörden dort nicht finden. ‚Geführt‘ werden Briefkastenfirmen von sogenannten Scheindirektoren. Dabei handelt es sich um einen Strohmann bzw. eine Strohfrau. Diese Person kassiert Geld dafür, mit ihrem Namen und ihrer Unterschrift im Namen der Firma zu handeln.

Der Weg zur Briefkastenfirma beginnt jedoch völlig unscheinbar bei einer Bank des Vertrauens. Diese beauftragt eine Kanzlei mit der Einrichtung einer Briefkastenfirma, vorzugsweise in einer Steueroase wie im aktuellen Beispiel Panama. Nachdem der Strohmann eingesetzt wurde, erhält der eigentliche Strippenzieher eine Kreditkarte, mit deren Hilfe er an das Geld der Briefkastenfirma gelangt – ohne damit eine sichtbare Verbindung zu ihr zu offenbaren. Denn auf der besagten Kreditkarte taucht nur der Firmenname auf. Vollendet ist das Versteckspiel.

Am Rande des Erlaubten

Im aktuellen Fall um die sogenannten „Panama Papers“ hat eine Kanzlei etliche Briefkastenfirmen gegründet und diese als ‚Service‘ an Vertreter aus Wirtschaft und Politik verkauft. Dank eines Whistleblowers kamen Daten ans Licht, die die Zusammenhänge offenlegten. Nach Auswertung dieser Daten wie Briefe, E-Mails, Gründungsurkunden, Kreditverträge etc. kam heraus, dass auf diesem Wege über 300.000 Briefkastenfirmen gegründet wurden.

Rein theoretisch muss eine Briefkastenfirma nicht zwangsläufig kriminelle Absichten verfolgen. Diskretion ist die Stärke einer solchen Scheinfirma. Über sie ließen sich zum Beispiel neue Geschäftsstrategien ausprobieren, ohne gleich die Konkurrenz davon in Kenntnis zu setzen.

Rechtsexperten sind jedoch deutlich in ihrer Haltung. So äußerte die stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Andrea Sauer-Schnieber:

„Mir ist kein legaler Grund bekannt, aus dem man eine Briefkastenfirma gründen sollte.“

Die Gelder, die auf diese Weise versteckt werden, sind häufig das Resultat anderer dubioser Machenschaften: Drogenhandel, Waffengeschäfte, Korruption. Hier bietet sich die Steueroase an, die mehr zu bieten hat als einen niedrigen Steuersatz – auch ein ausgeprägtes Bankgeheimnis ermöglicht die Einrichtung anonymer Konten. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Nicht das Ende der Fahnenstange

Mit einer Briefkastenfirma per se ist es nicht getan. Daher lassen Kriminelle ein komplexes Geflecht aus Scheinfirmen und auch Schein-Stiftungen entstehen. Dieses Geflecht soll es, ähnlich einer Hasenjagd, den Finanzämter dieser Welt erschweren, den Gaunern auf die Spur zu kommen.

Schein-Stiftungen werden deshalb gegründet, weil sich in ihnen das geheime Geld anlegen lässt. Viele Spender mit guten Absichten fallen darauf herein. Überprüfen Sie daher, ob die Stiftung, für die Sie spenden möchten über ein Gütesiegel verfügt. Zusätzlich können Sie, zumindest im Schweizer Raum, im Verzeichnis der Zewo nachsehen, ob die Stiftung darin eingetragen und für seriös befunden wurde.

Dass es sich dabei nicht um kleine Fische handelt, zeigt erst der jüngste Fall der Panama Papers. So wurde auch das Deutsche Rote Kreuz mit den Vorwürfen einer Verflechtung konfrontiert. Die Hilfsorganisation wehrte sich hiergegen vehement.

Die Zukunft

Es wird künftig immer schwieriger werden, Briefkastenfirmen für die Verschleierung von Vermögen zu nutzen. Ab 2017 nämlich werden Konto- und Steuerdaten zwischen zahlreichen Ländern automatisch ausgetauscht – ein Schritt in Richtung Zusammenarbeit und Transparenz. Panama soll in diesem Zusammenhang in die Offenlegungsstrategie mit einbezogen werden, was schon heute einigen „Sparfüchsen“ schlaflose Nächte bereiten dürfte.

Lange Zeit mussten gerade die sich jedoch keine Sorgen machen, denn die Ämter waren in der Beweispflicht und mussten die illegalen Geschäfte zweifelsfrei nachweisen – in dubio pro Steuerhinterzieher also. Nun bleibt abzuwarten, ob die Gesetze greifen werden und was bis dahin noch alles ans Licht kommt. Selbstanzeigen inklusive.


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