Crowdinvesting?!

Was ist Crowdinvesting + Anbieter im Schnell-Check

Stand: 10.06.2023

Crowdfunding ist hierzulande bekannt. Nun erobert ein neuer Trend die Finanzwelt: Crowdinvesting verspricht, auch Privatanlegern mit geringem Budget, attraktive Investitionen zu ermöglichen. Und das mit der Aussicht auf eine satte Rendite. Wir haben uns angeschaut, was an diesem Versprechen dran ist und welche Anbieter deutschen Anlegern eine Alternative zu den eher mauen Tagesgeld – und Festgeldangeboten sein wollen. Sind Mikro-Investitionen der Königsweg des Vermögensaufbaus? Oder ein Holzweg?

Was ist Crowdinvesting? Crowdinvesting = Crowdfunding? Vorteile Nachteile und Risiken Eine Branche im Wandel? Gesunde Skepsis walten lassen Seedmatch Companisto Conda Bergfürst Fazit

Was ist Crowdinvesting?

Beim Crowdinvesting beteiligen sich mehrere Anleger an einer Investition. Im Unterschied zu klassischen Anlageprodukten können die sogenannten Mikroinvestoren bereits mit vergleichsweise kleinen, teils zweistelligen Geldbeträgen einsteigen. Die Anteilnahme als Investor erfolgt dabei üblicherweise in Form einer stillen Beteiligung oder über partialische Darlehen.

„Still“ deshalb, weil der Geldgeber nicht nach außen auftritt. Jedoch haben Sie im Gegensatz zur stillen Beteiligung bei einem partialischen Darlehen üblicherweise keine Verlustbeteiligung und trotzdem Renditen nah am zweistelligen Bereich oder sogar höher. Aber geht die Rechnung auf?

Crowdinvesting = Crowdfunding?

Der Öffentlichkeit bekannt wurde Crowdfunding in Form von Kickstarter. Das Portal startete 2009 und hat seitdem nach eigenen Angaben rund 6,1 Milliarden US Dollar eingesammelt. Und das Vertrauen in Crowdfunding wächst: 2014 flossen mehr als 50 Millionen Euro in deutsche Firmen. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 waren es nur ca. 8 Millionen Euro, die auf diesem Wege zusammenkamen.

Im Gegensatz zum Crowdinvesting erhalten Beteiligte beim Crowdfunding keinerlei Anteile an der Firma oder ähnliche Vorzüge. Crowdfunding dient der freiwilligen, nicht-profitorientierten Unterstützung eines Projektes. Lediglich eine symbolische Dankesleistung wie ein Geschenk oder eine kleine Aufmerksamkeit ist dabei üblich. Keinesfalls jedoch geht der Geldgeber ein Beteiligungsverhältnis ein. Beim Crowdinvesting hingegen verfolgen die Investoren verschiedene Ziele: Eine Beteiligung am Unternehmen oder die bereits angesprochene Rendite.

Und diese Strategie boomt: Mittlerweile konkurrieren internationale, aber auch deutsche FinTechs um Anleger, die in Zeiten niedriger Zinsen auf Tagesgeld und Festgeld nach lohnenden Investitionen suchen.

Die Vorteile

Gehören Sie zu den Investoren der ersten Stunde, könnte sich Ihre Risikobereitschaft womöglich auszahlen. Denken Sie an Unternehmen im Internetbereich, die klein angefangen haben und nun den Markt dominieren. Auch der ideelle Aspekt kann bei der Anlage eine Rolle spielen: Als Mikroinvestor helfen Sie aufstrebenden Jungunternehmern dabei, ihre Projekte in die Tat umzusetzen. Zumindest in der Theorie.

Das führt zu einem weiteren Vorteil: Sie können Investments nach Ihren Vorstellungen aussuchen und fördern. Projekte wie Betterplace oder Kiezhelden setzen sich zum Beispiel für eine Besserung gesellschaftlicher Umstände ein – und Sie können ein Teil dieser Projekte sein. Natürlich steht hier nicht der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund, sondern die gute Sache. Daher sind die Zahlungen an derartige Projekte eher als Spenden zu betrachten.

Wenn Sie sich in Form eines partialischen Darlehens an einem Crowdinvesting beteiligen, haben Sie darüber hinaus den Vorteil, dass Sie kein Unternehmensrisiko mittragen. Im Gegenzug erhalten Sie auch kein Mitspracherecht. So ist der Deal. Und es gibt noch weitere Hürden.

Nachteile und Risiken

Es ist keinesfalls garantiert, dass die gewünschte Rendite auch zustande kommt. Im Gegenteil – mit dem Risiko eines Totalverlustes muss immer gerechnet werden. Bei kleineren Beträgen mag dies noch zu verschmerzen sein. Wer hingegen tausende Euro in ein Startup pumpt, in das er kaum Einblick hat, geht damit ein großes Wagnis ein.

Zwar werben die Anbieter von Crowdinvesting mit Transparenz in Form von Geschäftsbilanzen, schicken Businesspläne und je nach Modell mit unterschiedlichen Qualitätskontrollen. Doch niemand kann letztendlich den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens garantieren. Geht die Idee eines Startups nicht auf, ist das investierte Kapital futsch, so geschehen bei der Bitcoin-Börse „MyCoin“. Vorsicht ist auch bei Investments geboten, die Sie eventuell mehrere Jahre finanziell binden.

Dass Sie Investor sind, macht Sie nicht automatisch zum Gesellschafter. Hierin besteht ein wichtiger Unterschied. Auch sollten Sie bei nachrangigen partialischen Darlehen besonders vorsichtig sein. Denn das bedeutet in der Regel, dass Sie im Falle einer Insolvenz in die Röhre gucken, da alle anderen Gläubiger vor ihnen ausbezahlt werden müssen. Partialische Darlehen sind für den Darlehensnehmer im Vergleich zum klassischen Kredit eine schnelle Möglichkeit, an Geld zu kommen. Umso achtsamer sollten Sie daher bei vermeintlich traumhaften Renditen sein.

Eine Branche im Wandel?

Dass Crowdinvesting kein bloßer Hype ist, zeigen Veranstaltungen wie das Crowdinvesting-Symposium. Anwesend waren Journalisten, Politiker, Investoren und Unternehmer. Thema des 3. Symposiums war unter anderem die neue Fassung des Kleinanlegerschutzgesetzes mit Wirkung ab dem 10. Juli 2015.

Hinweis

Mit der neuen Fassung des Kleinanlegerschutzgesetzes stellen partialische Darlehen nun Vermögensanlagen dar. In diesem Sinne greift das Vermögensanlagegesetz und sie müssen in einem Verkaufsprojekt veröffentlicht werden. Es gibt jedoch Ausnahmen, die eine solche Koppelung an dieses Gesetz ausschließen. Weitere Informationen dazu finden Sie in diesem Beitrag.

Das Crowdinvesting-Symposium möchte den Austausch und die Vernetzung von Praktikern und Akademikern begünstigen. Beide Welten sollen ins Boot geholt werden und effektiv zusammenarbeiten. Daher werden gezielt Startups, Studenten, Professoren, Juristen, usw. angesprochen.

Denn bisher haben sich FinTechs im überschaubaren Bereich auf Crowdinvesting spezialisiert: Ein Zeichen dafür, dass sich diese Form der Kapitalgebung in Deutschland noch nicht wirklich durchgesetzt hat. Doch das hat auch berechtigte Ursachen. Schließlich rät auch Wirtschaftsprofessor Martin Weber zur Vorsicht. Im manager-magazin nennt er die Gründe, weshalb auch oder gerade beruflich erfolgreiche Leute Fehlinvestitionen tätigen:

„Es liegt an der eigenen Eitelkeit, an der Überschätzung der eigenen Fähigkeiten. Besonders anfällig: Leute, die in ihrem beruflichen und unternehmerischen Umfeld angesehen und erfolgreich sind. Leute, die dazu neigen, diese Fähigkeiten auf sämtliche anderen Bereiche ihres Lebens zu übertragen, nicht zuletzt auf ihre privaten Finanzen.“

Gesunde Skepsis walten lassen

Die meisten Akteure, die Crowdinvesting anbieten, legen Wert auf Transparenz. Doch auch wenn ein Businessplan auf dem Papier gut aussieht und die Videopräsentation der CEOs emotional überzeugen mag, bleibt ein nicht zu unterschätzendes Risiko, gemäß der alten Weisheit in Sachen Finanzanlagen: Je höher die Rendite, desto größer das Risiko. Lassen Sie sich nicht mit dem Versprechen auf traumhafte Gewinne durch partialische Darlehen locken, wenn Sie nicht eindeutig im Klaren darüber sind, in welcher Rolle Sie sich an Startups oder Projekten beteiligen.

Die Anbieter

Crowdinvesting ist im Trend und so spezialisieren sich immer mehr FinTechs auf diese neue Form der Geldanlage. Wir haben uns einige vielversprechende angeschaut.

Seedmatch

Seedmatch wurde 2011 gestartet und war damit Deutschlands erste Plattform für Crowdinvesting. Investoren können hier ab 250 € Startups unterstützen. Investieren können Sie sowohl als natürliche Person, als auch in Form einer Kapital- oder Personengesellschaft. Die Startups stellen regelmäßig Quartals- und Jahresberichte zur Verfügung. Jedoch erhalten Investoren keinerlei Stimmrecht und kein Recht auf Mitsprache hinsichtlich der Unternehmensführung. Beteiligt wird sich in Form eines partialischen Nachrangdarlehens.

Zusätzlich erhalten Seedmatch-Mitglieder einen gewinnabhängigen, jährlichen Bonuszins. Üblicherweise binden Investoren sich vertraglich für einen Zeitraum von fünf Jahren. Positiv fällt auf, dass Seedmatch transparent und offen auf die Risiken hinweist. So heißt es in den Investorenhinweisen:

„Wenn Sie in ein Unternehmen investieren, müssen Sie damit rechnen, dass Sie Ihr eingesetztes Kapital komplett verlieren können. Investieren Sie daher nur so viel Geld, wie Sie bereit sind zu verlieren und Sie verlieren können, ohne Ihren Lebensstandard zu gefährden.“

Companisto

Auf Companisto stellen junge Unternehmen sich mit einem sogenannten Pitch-Deck (kurze Unternehmenspräsentation) vor. Teilnehmende Investoren erhalten Gewinnbeteiligungen oder eine Festverzinsung. Beim festverzinsten Darlehen (Venture Loan) fällt eine Festverzinsung in Höhe von 8 % p.a. mit einer Mindestlaufzeit von 4 Jahren an. Bei den Startup-Anteilen hängt die Höhe der Gewinne von der Investitionssumme ab.

Mit einer Mindestlaufzeit von 7-8 Jahren beteiligt sich der Investor in Form eines partialischen Darlehens. Es besteht eine Gewinn-, eine Exit-, sowie eine Unternehmenswertbeteiligung. Sollte also das Startup im Rahmen einer EXIT-Strategie an ein Großunternehmen verkauft werden, erhalten Kunden von Companisto ebenfalls eine Beteiligung am Erlös.

Bei den Nachrangdarlehen verfügen Investoren nicht über die gleichen Beteiligungen wie bei der Investition in auf Companisto aktiven Startups. Die feste Vertragslaufzeit beträgt 3-4 Jahre.

Auch bei Companisto wird im FAQ-Bereich auf die Risiken der Investments hingewiesen:

„Investitionen in Startups bieten große Chancen, sind jedoch auch mit hohen Risiken verbunden. Es handelt sich dabei um Wagniskapital. Im schlechtesten Fall besteht die Gefahr des Totalverlustes der gesamten Investition.“

Conda

Das im D-A-CH-Raum aktive Fintech Conda hat seinen Hauptsitz in München. Conda-Investoren starten mit mindestens 100 Euro. Erworben wird das Recht auf eine zukünftige Ausschüttung. Versprochen werden darüber hinaus Boni seitens der Unternehmen, in die investiert wird, wie zum Beispiel Geschenke, Sondergenehmigungen oder Vergünstigungen.

Conda sieht sich als Drehscheibe zwischen Unternehmen und Investoren. Den Qualitätsfilter legt das Startup in Form eines Advisory Boards an. Damit eine Investition gelingt, muss eine Fundingschwelle erreicht werden, die genau wie das Fundinglimit, also die Obergrenze für Investitionen, von Projekt zu Projekt verschieden ist. Beide Werte lassen sich in der Übersicht der Investitionsobjekte einsehen – auch ohne Registrierung. Von Getränken über Ökostrom hin zu Möbelherstellern ist für potenzielle Investoren alles dabei. Investitionen sind möglich als partialisches Darlehen oder in Form eines Substanzsgenussrechts. Conda schreibt hierzu:

„Genussrechte sind Vermögensrechte, die das Unternehmen dem Investor als Gegenleistung für seine Beteiligung überlässt. Sie gewähren Gläubigerrechte, die je nach Ausgestaltung mit Vermögensrechten, wie zum Beispiel die Teilnahme am Gewinn und am Liquidationsgewinn, verknüpft sind.“

Leider macht die Webseite einen etwas unstrukturierten Eindruck. Für Nutzer wäre es von Vorteil, die genauen Informationen zum Geschäftsmodell und den Investitionsleitfaden leichter in der Navigation zu finden.

Bergfürst

Bergfürst bietet seinen Nutzern die Möglichkeit, in Immobilien zu investieren. Die Mindestsumme für den Einstieg beträgt 10 Euro.

Bergfürst will zwei Zielgruppen adressieren: Die renditenorientierten und die konservativen Anleger. Nun ließe sich freilich einwenden, dass wohl beinahe jeder Anleger renditenorientiert investiert. Schließlich ist dies die Hauptmotivation. Mit „renditenorientiert“ ist jedoch die risikoreichere Form des Investments gemeint. Denn ähnlich wie bei den zuvor präsentierten Anbietern erwerben Anleger Aktien oder partialische Nachrangdarlehen.

Auch bei Bergfürst ist also das Risiko eines Totalverlustes für Privatinvestoren nicht auszuschließen.

Fazit

Das Thema Crowdinvesting sollte mit Vorsicht genossen werden. Schnell können Unerfahrene sich an falschen Investments stoßen und ihr Erspartes verlieren. Insbesondere sogenanntes „Frühphasenkapital“, also Finanzspritzen in der Startphase eines Unternehmens, gilt als hoch riskant und sollte vernünftig erwogen werden.

Crowdinvesting ist jedoch mehr als nur ein Trend: Mit dieser Form der Kapitalbeschaffung könnten Unternehmen und Investoren eine Möglichkeit nutzen, innovative Projekte bei gleichzeitig hoher Rendite auf Kurs zu bringen. Allerdings dürfen die Risiken nicht verschwiegen werden. So transparent die Anbieter von Crowdinvesting auch sein mögen – ein Totalausfall kann eintreten. Zudem lohnt das Risiko in Form schicker Prozente nicht, wenn sie lediglich als Darlehensgeber ohne Rechte und Einblick in die Unternehmen agieren. Anleger sollten daher genau überlegen, ob sie dazu bereit sind, dieses Risiko in Kauf zu nehmen.

Wie riskant die Investitionen bei den einzelnen Crowdinvesting-Plattformen sind, lässt sich nur schwer abschätzen. Alles dreht sich darum, Vertrauen zu gewinnen und Anleger zu überzeugen. Daher betonen alle Anbieter die Transparenz und die Chancen der Projekte, in die sich schon mit geringen Summen investieren lässt.

Doch reichen FAQ-Bereiche und Businesspläne dafür aus? Letztendlich bleiben insbesondere die Anlagen als partialische Nachrangdarlehen risikobehaftet, da sie im Gegensatz zu klassischen Investitionen keine Einlagensicherung oder andere Sicherheiten bereitstellen. Selbst wer mit einem Totalverlust seines Investments leben kann, sollte sich dennoch gut überlegen, ob sich Crowdinvesting wirklich lohnt. Denn oft stehen die möglichen Renditen in keinem Verhältnis zum Investitionsrisiko.


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