Islamic Banking – wenn Kunden keine Zinsen wollen
Stand: 19.06.2024
Banken – für die meisten haben sie mit Religion nichts zu tun. Doch es gibt sie bereits, islamische Banken, deren Geschäfte sich an den Geboten und Regeln des Koran orientieren. Hierzulande ist die Kuveyt Türk Bank dafür bekannt. Nun beginnen auch größere Finanzinstitute, das sogenannte Islamic Banking anzubieten. Ein strategischer Trick, um mehr Kunden an Land zu ziehen?
Worum geht es beim Islamic Banking? Islamische Anleihen Ist Islamic Banking dasselbe wie ethisches Banking? Auch für mich interessant?
Worum geht es beim Islamic Banking?
Ethik ist das Stichwort: Islambanken möchten sich dem Eigenverständnis nach von hochriskanten Spekulationen („Gharar“) distanzieren. Auch Geschäfte mit Waffen, Drogen, Alkohol, Glücksspiel („Maysir“) und Prostitution sind verboten. Im islamischen Banking ist darüber hinaus die verzinslichte Geldverleihe („Riba“) nicht erlaubt. Damit dürften sie nicht nur Millionen Muslime ansprechen. Sind doch Großbanken in der Vergangenheit wegen riskanter Spekulationen in die Schlagzeilen geraten. Nicht zuletzt haben genau diese Spekulationen zur größten Finanzkrise unserer Zeit geführt, wie der Film The Big Short eindrücklich zeigt.
Islamische Anleihen
Auch Kunden einer islamischen Bank können ihr Geld anlegen. Nur werden bei den sogenannten Sukuk keine Zinsen ausgezahlt. Vielmehr finanzieren Bank und Kunde gemeinsam ein Projekt, eine Immobilie etwa. Der Kunde tritt dann als Anteilseigner auf. Die KT-Bank spricht in diesem Zusammenhang von der Idee der Erfolgsbeteiligung.
Doch wenn das Zinswesen verboten ist, wie verhält es sich dann mit Kreditkarten und Girokonten? Und welche Aktien sind erlaubt? Schwierige Fragen, bei denen selbst die Gelehrten sich nicht immer einig sind.
- Kreditkarten
Das Prinzip von Kreditkarten widerspricht den Grundsätzen des islamischen Bankwesens. Schließlich verschuldet sich der Nutzer einer Kreditkarte bei seiner Bank. Und das zu nicht unerheblichen Zinsen. Dennoch werden Kreditkarten geduldet, sofern sie für Ausgaben genutzt werden, die halal sind (kein Alkohol, kein Schweinefleisch etc.) und auf Guthabenbasis funktionieren.
- Konten
Ähnlich wie bei Kreditkarten ist die Lage bei Girokonten. Islamische Banken legen Wert auf die Einhaltung der religiösen Grundsätze. So überwacht ein Islamgelehrter die Einhaltung dieser Grundsätze. Im Folgenden ein paar Beispiele für islamische Konten im deutschsprachigen Raum:
Amana-Konten der Bawag PSK
Derzeit läuft bei unseren österreichischen Nachbarn ein spannendes Pilotprojekt: Die Bank Bawag PSK versucht sich auf dem Sektor des islamischen Bankings und bietet sogenannte Amana-Konten an. Amana bedeutet grob übersetzt Vertrauen. Überziehungszinsen und Kontoführungsgebühren sind vorhanden.
Konto der Kuveyt Türk Bank
Die in Deutschland seit Sommer 2015 mit vollwertiger Banklizenz arbeitende KT Bank bietet ihren Kunden ein Girokonto ohne Kontoführungsgebühren inklusive kostenlosem Online-Banking und günstigen Überweisungen in die Türkei. Darüber hinaus ist die Kontoeröffnung nicht an einen Mindestgeldeingang gekoppelt.
In einem Interview mit der Deutschen Welle sagte der Mannheimer KT Bank – Chef Uğurlu Soylu schon damals:
„Unser Verständnis vom Banking allgemein ist, dass das kein Selbstzweck sein kann. Banking sollte letztendlich den Menschen helfen und das kann dadurch geschehen, dass man ethische Werte auch einhält wie Nachhaltigkeit, Fairness im Umgang mit den Kunden, mit den Kreditnehmern und letztlich Werte, hinter denen jeder Mensch stehen kann, unabhängig davon, welcher Religion, Ethnie oder Weltanschauung er angehört.“
- Kredite
Auch Kredite widersprechen den islamischen Grundsätzen. Darlehen in indirekter Form sind dennoch möglich. So kann die Bank ein Haus kaufen und es den Kunden in Raten abzahlen lassen. Der Preis wird inklusive vorausberechnetem Risiko- und Wertsteigerungszuschlag ermittelt.
- Aktien
Insbesondere bei Börsenprodukten ist es schwierig, Transparenz zu schaffen. Mit dem sogenannten Shariah Screening soll überprüft werden, ob ein Unternehmen nach den Grundsätzen des Koran handelt, um die Entscheidung über Anlagen zu erleichtern. Dazu wird zum einen die Sektor Analyse durchgeführt. Sie muss ergeben, dass das Unternehmen mindestens 95 % seiner Einkünfte aus Quellen bezieht, die mit dem islamischen Recht konform sind. Zum anderen spielen bei der Finanzanalyse die Finanzkennzahlen eine Rolle. Darunter fallen komplexe Verzinsungsschwellen und liquide Vermögenswerte.
- Überweisungen ins Ausland
Schwierig wird die Einschätzung bei Transferdiensten wie Western Union oder Moneygram. Viele Muslime überweisen Geld in Länder außerhalb der EU und müssten bei Verzicht auf diese Dienste, die eine Gebühr erheben, Schwierigkeiten in Kauf nehmen. Nicht immer verfügt der Empfänger über ein Konto und eine klassische Überweisung kann sehr lange dauern. Der Islamic Banking Blog schreibt dazu:
„Letztendlich handelt es sich um eine Transportdienstleistung (auch wenn es technisch natürlich anders umgesetzt wird).“
Demnach steht die Nutzung derartiger Transferdienste nicht in Konflikt zu islamischen Werten. Doch auch hier sind sich die Experten uneins. Eine Grauzone.
Ist Islamic Banking dasselbe wie ethisches Banking?
Ethisches Banking wird immer wichtiger. Banken müssen mit ihrem zum Teil ramponierten Ruf den Kunden mehr bieten als nur ein kostengünstiges Girokonto und bequem erreichbare Geldautomaten. Kunden wollen Transparenz, sie legen Wert auf nachvollziehbare Investitionen. Ethische Banken liegen daher im Trend.
In Deutschland bekannt sind vor allem:
Auch für die Golfstaaten sind interkontinentale Islambanken interessant. Haben sie sich doch den islamischen Werten verschrieben und bieten zugleich eine Möglichkeit, Investitionen zu tätigen.
Die Frage ist allerdings, ob ethisches Banking automatisch mit islamischem Banking gleichzusetzen ist. Anscheinend nicht: Denn die grünen Banken zeigen, dass kein religiöser Ansatz erforderlich ist, um moralische Standards zu halten. Zudem sind Scharia-konforme Banken auch in anderen Bereichen rigoros: So werden eben auch keine Kredite vergeben, Zinsen sind ebenfalls verboten. Das ist nur konsequent, sollte jedoch bedacht werden, wenn Sie mit der Entscheidung für eine islamische Bank liebäugeln.
Ist das auch was für mich?
Islamische Banken dürften nicht nur für Muslime interessant sein. Bieten sie doch ein alternatives und für viele attraktives Finanzsystem, das sich in den letzten Jahren rasch entwickelt hat. Allerdings nicht immer, was den ökonomischen Bereich angeht. Der Streit der Gelehrten kann bisweilen dazu führen, dass lukrative Investitionen nicht zustande kommen.
Hinzu kommen die niedrigen Gewinnaussichten. Wo kein Zins, da auch kein wirklicher Gewinn. Die Modelle mögen ethisch wertig sein, aber Anleger auf der Suche nach Profit dürften sie kaum ansprechen. Einige Länder reagieren bereits auf den Trend des islamischen Bankings und servieren Scharia-konforme Staatsanleihen. Wir sind gespannt, wie sich diese Form des Bankings entwickeln wird.