Girokonto für Flüchtlinge bei Leipziger Banken

Stand: 19.03.2024

Ein heikles Thema unserer Zeit: Die Flüchtlingskrise. Täglich werden neue Statements veröffentlicht, die Diskussionen in den Social-Media-Kanälen werden immer heftiger und zur gleichen Zeit harren Millionen Menschen in provisorischen Unterkünften aus. Doch eine Frage wird selten gestellt: Haben Flüchtlinge den Anspruch auf ein Girokonto in Deutschland? Schließlich ist ein Konto die Basis für ein Leben in unserer Gesellschaft, wie wir in unserem Beitrag Ein Leben ohne Girokonto – ist das möglich? gezeigt haben. Wir haben verschiedene Banken um ein Interview zu diesem Thema gebeten. Erhalten haben wir jedoch nur Statements.

Warum ein Girokonto wichtig ist Umdenken braucht Zeit Fazit

Warum ist ein Girokonto so wichtig?

Wer Integration ernsthaft umsetzen möchte, der kommt am Girokonto nicht vorbei. Miete, Lastschriften, Lohn – alle relevanten Ein- und Ausgaben spielen sich über das Konto ab. Um in unserer Gesellschaft Fuß zu fassen, ist demnach ein Girokonto unerlässlich. Ohne Konto ist man auf dem Arbeitsmarkt verloren.

Aber haben alle Menschen, die sich hier momentan aufhalten, einen Anspruch darauf? Die Rechtslage, so kompliziert sie im Asylverfahren ist, gestaltet sich für Banken ziemlich eindeutig. Durch das 2016 in Kraft getretene Zahlungskontengesetz dürfen sie niemanden mehr abweisen. Bisher konnten Finanzinstitute im Rahmen der Selbstverpflichtung nach eigenem Ermessen entscheiden, wem sie die Kontoeröffnung gestatten und wem nicht. Damit ist allerdings Schluss. Das sogenannte Basiskonto ist nicht an einen Mindestgeldeingang oder ähnliche Bedingungen gekoppelt.

Aber gilt das auch für Flüchtlinge bzw. Asylsuchende? Ein Sprecher der Deutschen Bank für Leipzig sagt dazu:

„Entscheidungen über die Eröffnung eines Kontos prüfen und treffen wir stets im Einzelfall. Dies gilt unabhängig von der Person bzw. Herkunft des Interessenten.

Wir bewegen uns dabei im Rahmen der Anforderungen des deutschen Gesetzgebers und müssen gleichzeitig internationalen Regulierungen zur Prävention von Geldwäsche bei der Identifizierung von Geschäftspartnern genügen. Hierzu ist u.a. eine eindeutige Identifizierung durch die Vorlage geeigneter Ausweisdokumente erforderlich.

Ein kostenfreies Konto bieten wir ausschließlich in Form des Angebotes „Das Junge Konto“ an. Zielgruppe sind dabei Schüler, Auszubildende, Studenten und Bundesfreiwilligendienstleistende bis einschließlich 30 Jahre.“

Hier wird sich also auf die Einzelfallentscheidung berufen. Darüber hinaus stellt die Deutsche Bank kein kostenfreies Konto für Flüchtlinge zur Verfügung. Auch ist die Bezeichnung der geeigneten Ausweisdokumente undeutlich. Ist damit ein Pass gemeint? Oder genügt eine Aufenthaltserlaubnis? Anscheinend nicht, denn sonst hätte sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nicht genötigt gesehen, Ende August vergangenen Jahres ein Schreiben aufzusetzen, welches Dokumente der Ausländerbehörde für ein Basiskonto ausdrücklich legitimiert. Darin heißt es:

Es sind danach bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der o.g. gesetzlichen bzw. im Verordnungswege erlassenen Regelungen, die eine Neuordnung bezüglich der zulässigen Legitimationsdokumente schaffen, solche Dokumente für die Eröffnung eines Basiskontos als ausreichend anzusehen, die:

  • den Briefkopf einer inländischen Ausländerbehörde tragen,
  • die Identitätsangaben gem. § 4 Absatz 3 Nr. 1 GwG enthalten,
  • mit einem Lichtbild versehen sind,
  • das Siegel der Ausländerbehörde tragen und
  • vom ausstellenden Bearbeiter unterschrieben sind.

Theoretisch sind die Banken also dazu angehalten, auch Flüchtlingen unter Vorlage gültiger Papiere eine Kontoeröffnung zu ermöglichen.

Die Pressestelle der Sparkasse Leipzig ließ verlauten:

„Als Sparkasse Leipzig kommen wir selbstverständlich der gesetzlichen Verpflichtung nach, jeder Privatperson im Geschäftsgebiet ein Konto auf Guthabenbasis einzurichten. Unseren Kunden bieten wir derzeit mit GiroFix (monatlicher Grundpreis von 5 Euro) ein Girokonto auf Guthabenbasis für Jedermann. Auch für Flüchtlinge besteht die Möglichkeit, ein entsprechendes Konto auf Guthabenbasis einzurichten.“

Hier wird man schon konkreter. Flüchtlinge werden explizit erwähnt, auch von einem Guthabenkonto ist die Rede. Weiterhin lautet die restliche Antwort auf unsere Anfrage:

„Darüber hinaus nutzen wir in den Filialen unseres Geschäftsgebietes zur Beratung und der Kontoeröffnung für Flüchtlinge bereits aktiv verschiedene Kommunikationsmittel. So setzen wir zum Beispiel eine mehrsprachige Basisinfo-Broschüre für Migranten und Flüchtlinge sowie eine Beraterhilfe des Deutschen Sparkassenverlages ein, die dabei unterstützen, die Verständigung zu allen Themen rund um das Thema Zahlungsverkehr zu vereinfachen – und somit Sprachbarrieren zu überwinden.

Die Basisinformation veranschaulicht auf 32 Seiten in Bild und Text in vier Sprachen (deutsch, englisch, französisch, arabisch) Themen wie Girokonto, Sparkassen-Card, PIN, Kontoauszug, Überweisung, Dauerauftrag/Lastschrift und gibt Erklärungen zu AGB´s und dem Preis-Leistungs-Verzeichnis. Ergänzend haben wir zudem einen eigenen Beileger „Kontoeröffnung bei der Sparkasse Leipzig – Informationen für Asylbewerber“ erstellt, um spezifische Institutsbedingungen zu erklären und das Handling zur Kontoeröffnung und dem Bezug von Sozialleistungen für alle Beteiligten zu erleichtern.“

Die Sparkasse Leipzig scheint sich tatsächlich in diesem Bereich zu engagieren und auch Flüchtlingen den Weg zu einem Konto zu vereinfachen. Wünschenswert wäre es, die erwähnte Broschüre in weiteren Sprachen zu veröffentlichen.

Eine Sprecherin der Commerzbank sagte zum Thema:

„Als international tätige Großbank muss die Commerzbank neben den deutschen Gesetzen und Vorgaben auch die Einhaltung von internationalen Regeln beispielsweise zu Geldwäsche und Sanktionen sicherstellen. Daher prüfen wir vor Eröffnung eines Kontos unabhängig von der Herkunft eines Kunden immer jeden Einzelfall. Wenn diese Prüfung positiv ausfällt, eröffnen wir selbstverständlich auch für Flüchtlinge Konten.“

Auffällig ist, dass alle drei Banken, die wir nach der Möglichkeit von Girokonten für Flüchtlinge befragt haben, bereits im ersten Satz Bezug auf die Gesetze nehmen. Und die haben sich wie erwähnt in einem entscheidenden Punkt geändert. Diese Bezugnahme ist vom Standpunkt der Absicherung her verständlich, hinterlässt aber den Eindruck, dass die Institute wenig Interesse an Kunden in Form von Asylbewerbern und Flüchtlingen haben. Auch lässt uns das Statement im Unklaren darüber, wie diese Prüfung aussieht. Und unter welchen Bedingungen sie „positiv“ ausfällt.

Umdenken braucht Zeit

Die Banken verharren in den alten juristischen Strukturen, so lange sie können. Doch sind diese durch das oben genannte Schreiben der BaFin nicht mehr zu vertreten. Wer amtliche Dokumente vorweisen kann (und dazu zählt eine Aufenthaltserlaubnis), der darf von den Banken bei einer Kontoeröffnung nicht abgelehnt werden.

Mit einer mauernden bis ablehnenden Haltung schaden die Banken sich selbst, den Flüchtlingen und der Volkswirtschaft. So können abgelehnte Personen keine Arbeit aufnehmen. Darüber hinaus wird die Abwicklung staatlicher Sozialleistungen erschwert. Bestehen Sie daher auf Ihr Recht, ein Guthabenkonto zu eröffnen.

Diese Bedingungen muss ihr Dokument erfüllen:

  • Briefkopf von einer deutschen Ausländerbehörde
  • Identitätsangaben, d.h.: Foto, Name, Geburtsort, Geburtsdatum, Anschrift und Staatsangehörigkeit
  • Sie brauchen keine anderen Voraussetzungen.

Fazit

Obwohl die Banken sowohl gesetzlich, als auch moralisch dazu verpflichtet sind, das Guthabenkonto zu gewährleisten, erhalten Flüchtlinge nicht immer und problemlos ein Girokonto. Das ist nicht nur schade, sondern auch in mehrfacher Hinsicht hinderlich für eine Integration. Vorbildlich verhält sich hier hingegen die Sparkasse: Flüchtlinge bekommen Hilfestellungen und konkrete Angaben erleichtern den Vorgang einer Kontoeröffnung.


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