Die Nummernkonten sterben aus!

Stand: 19.03.2024

Aussterben der Nummernkonten

Beim Wort „Nummernkonto“ denken die meisten wohl an Steuersünder, die ihr Vermögen in die Schweiz schummeln. Doch ist das heutzutage noch so einfach? Und warum sind Nummernkonten in Deutschland verboten? Nach wie vor gibt es Staaten, die eine Eröffnung anonymer Konten ermöglichen – allerdings ist das nicht so einfach wie in der Filiale nebenan. Und auch vor Strafverfolgung schützen diese Alternativen nicht. Denn schon jetzt arbeiten Behörden länderübergreifend zusammen.

Wie funktioniert ein Nummernkonto? Warum das Verbot? Die berühmten Schweizer Nummernkonten Wo gibt es noch anonyme Konten? Fazit

Wie funktioniert ein Nummernkonto?

Im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Girokonto wird bei einem Nummernkonto der Name des Inhabers durch eine Nummer ersetzt. Damit lässt sich theoretisch nicht mehr nachvollziehen, zu welcher Person dieses Konto gehört. Anders als gemeinhin vermutet, ist das Nummernkonto jedoch keineswegs anonym.

Zwar ist eine erste Identifizierung durch den Namen nicht gegeben. Allerdings sind Banken in der EU gesetzlich dazu verpflichtet, auf Anfrage der Behörden Auskunft über die Person hinter den Ziffern zu erteilen. Der einzige Unterschied zum Girokonto ist, dass der Inhaber eines Nummernkontos namentlich nur einigen Bankangestellten bekannt ist, da dessen Identität bei Eröffnung des Kontos ohnehin überprüft wird.

Warum das Verbot?

Auch wenn sich der Inhaber eines Nummernkontos relativ schnell ermitteln lässt, sind diese in Deutschland nach dem Gesetz der Kontenwahrheit §154 untersagt. Darin heißt es in Abschnitt 2:

„Wer ein Konto führt, Wertsachen verwahrt oder als Pfand nimmt oder ein Schließfach überlässt, hat sich zuvor Gewissheit über die Person und Anschrift des Verfügungsberechtigten zu verschaffen und die entsprechenden Angaben in geeigneter Form, bei Konten auf dem Konto, festzuhalten. Er hat sicherzustellen, dass er jederzeit Auskunft darüber geben kann, über welche Konten oder Schließfächer eine Person verfügungsberechtigt ist.“

Banken sind demnach verpflichtet, die Identität des Kunden zweifelsfrei festzustellen und zwar vor einer Kontoeröffnung. Damit soll insbesondere der Geldwäsche entgegengewirkt werden.

Die berühmten Schweizer Nummernkonten

Vor allem die Schweiz hat im Zusammenhang mit Nummernkonten zweifelhafte Berühmtheit erlangt. Dabei waren Nummernkonten vor dem Ersten Weltkrieg durchaus übliche Praxis in Europa, unter anderem auch in Österreich und in Italien.

Später sollten Nummernkonten einen Puffer in der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bilden. Regierungen brachen auseinander und der Zerfall Europas stand unmittelbar bevor. Inmitten dieser Wirren sollten die Schweizer Nummernkonten mit dem als stabil geltenden Schweizer Franken im Hintergrund und der Neutralität des Landes die Kunden vor unvorhersehbaren Gesetzesänderungen schützen.

Nach dem Krieg mussten die Staaten eines sich langsam erholenden Europas gegen neue Probleme wie die zunehmende Geldwäsche vorgehen. Daher wurden Gesetze beschlossen, die ein Nummernkonto im klassischen Sinne verbieten.

Seit dem 01. Juli 2004 hat auch die Schweiz ein Gesetz erlassen, wonach der Inhaber eines Nummernkontos seine Identität preisgeben muss. Damit waren auch die paradiesischen Verhältnisse für ausländische Steuersünder vorbei. Das zeigt auch der Sprachgebrauch, da inzwischen nicht mehr von „Nummernkonten“, sondern zunehmend von „Inhaberkonten“ die Rede ist.

Darüber hinaus arbeitet das Land intensiv mit Behörden zusammen. So veröffentlichte die Schweiz in der Vergangenheit die Namen vermeintlich anonymer Kunden. Es folgten Wellen von Selbstanzeigen, im Bemühen, den härtesten Strafen zu entgehen. Staatliche Behörden kauften sogar Daten von der Schweiz, die seit jeher einen Ruf als äußerst diskrete Banknation genoss.

Wo gibt es noch anonyme Konten?

Wenn Sie trotzdem ein anonymes Konto wollen, sollten sie die Suche im EU-Raum aufgeben. Die staatlichen Organe arbeiten grenzübergreifend zusammen und Banken in der Europäischen Union sind gesetzlich dazu verpflichtet, verdächtige Aktivitäten auf Konten an die zuständigen Behörden zu melden. Damit sind auch die ehemaligen „Steuerparadiese“ Andorra, Liechtenstein, Luxemburg, etc. passé. So beschlossen die Mitgliedsstaaten der EU im März 2014 den Austausch von Steuerdaten länderübergreifend zu ermöglichen. 51 Länder unterzeichneten das Abkommen, 34 weitere sollen folgen.

Bis dahin gibt es sie noch, die Länder, die einer globalen Transparenz zumindest teilweise trotzen: Katar, Bahrain, Malediven, Vanuatu und Panama, um nur einige zu nennen. Allerdings ist die Anonymität nur für denjenigen zu erreichen, der den komplexen Prozess einer Offshore-Firmengründung versteht oder bereit ist, mehrere tausend Euro an Gebühren zu bezahlen. Sollten Sie bereits beim Wort Offshore die Stirn runzeln, lassen Sie es also lieber bleiben.

Als besonders reizvoll gilt übrigens Singapur: Hier wird das Bankgeheimnis nach wie vor gewahrt, auch wenn der Stadtstaat deutlich intensiver mit Finanzbehörden kooperiert als noch vor ein paar Jahren. Und auch Singapur bewegt sich klar in Richtung Transparenz. Seit 2009 steht der Staat nicht mehr auf der „grauen Liste“ der OECD-Staaten.

Banken, die Offshore-Konten anbieten, arbeiten bisher nicht oder kaum mit den europäischen Finanzinstituten zusammen und geben keine Informationen über ihre Kunden heraus. Doch Sie können fest damit rechnen, dass auch diese Schlupflöcher im Zuge des internationalen Drucks kleiner werden.

Fazit

Heutzutage ist das anonyme Nummernkonto im EU-Raum Geschichte. Die Zeiten, in denen Steuerhinterzieher mit schwitzenden Händen am Lenkrad über die Schweizer Grenze buckelten, gehören damit auch der Vergangenheit an. Wer es unbedingt drauf anlegt, kann in vereinzelten Staaten der Welt ein sogenanntes Offshore-Konto eröffnen. Doch auch in diesen Fällen kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass der Inhaber auf Anfrage von Strafverfolgungsbehörden anonym bleibt. Hinzu kommen einzelne Konditionen, die sehr genau geprüft werden müssen oder Sie haben es mit halblegalen Umwegen zu tun. Legen Sie Ihr Geld lieber unter das Kopfkissen – da bleibt es garantiert anonym.


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