Endlich reich! Aber was bedeutet „reich sein“ eigentlich?

Stand: 19.03.2024

Eine traumhafte Aussicht, oder? Aber ist plötzlicher Reichtum wirklich so toll? Oder macht Geld nicht glücklich, wie die alte Weisheit besagt? Wenn es um große Finanzspritzen geht, dann ist auch vom ganz großen Glück die Rede: Der strahlende Lottogewinner, der lila Scheine in die Kamera hält, der reiche Erbe, der seinen verhassten Job hinschmeißt und endlich seinen lang gehegten Traum vom Kunststudium verwirklichen kann, oder der Unternehmer, der jahrelang auf die erste Million hin geschuftet hat. Hier wollen wir herausfinden: Was bedeutet es eigentlich, reich zu sein? Hat das immer etwas mit Geld zu tun? Und ist Reichtum eher Fluch oder Segen?

Reichtum ist Ansichtssache Wann fühlen Sie sich reich? Immaterieller Reichtum Butter bei die Fische Schaffe, spare, Häusle baue Reichtum vs. Wohlstand Die Folgen plötzlichen Reichtums Was ist überhaupt Reichtum? Neid muss man sich verdienen Nicht alles hinschmeißen Alte Muster, die behindern Fazit

Reichtum ist Ansichtssache

Was bedeutet „reich sein“ für Sie? 10.000 Euro auf dem Konto haben? Sind Sie dann vermögend oder reich? Oder wird Reichtum für Sie erst ab einer Summe von 100.000 Euro aufwärts seinem Begriff gerecht?

Sie sehen schon: Die Frage, was Reichtum ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Ihre Einstellung bestimmt, wann Sie sich reich fühlen. Und über Jahrtausende haben die Menschen höchst unterschiedliche Einstellungen zum Reichtum entwickelt.

Vorherrschend in unserer Welt ist jedoch die enge Verbindung zu Finanzen. Reich ist, wer Geld hat. Oft werden mit dem Reichtum weitere Eigenschaften assoziiert, etwa Macht oder Status. Während in einigen Ländern ganz offen, beinahe schon protzig mit Reichtum umgegangen wird, sind die Deutschen tendenziell zurückhaltender. Hierzulande wird wenig bis gar nicht über die Höhe des eigenen Verdienstes gesprochen.

Wann fühlen Sie sich reich?

Im Folgenden möchten wir Sätze bedeutender Denker zum Thema Reichtum in den Raum werfen.

Das Geld, das man besitzt, ist das Mittel zur Freiheit, dasjenige, dem man nachjagt, das Mittel zur Knechtschaft. – Jean-Jacques Rousseau

Das Geld hat noch keinen reich gemacht. – Seneca

Der sicherste Reichtum ist die Armut an Bedürfnissen. – Franz Werfel

Wie Sie sehen, stehen diese Haltungen dem finanziellen Reichtum kritisch gegenüber. Es gibt allerdings auch in gewisser Weise Befürworter:

Es stimmt, dass Geld nicht glücklich macht. Allerdings meint man damit das Geld der anderen. – George Bernard Shaw

Und:

Die Philosophen verdammen den Reichtum nur, weil wir ihn schlecht gebrauchen. – François de La Rochefoucauld

Wenn man genug Geld hat, stellt sich der gute Ruf ganz von selbst ein. – Erich Kästner

Reichtum kann also Segen sein, wohingegen andere Menschen ihn als Last oder sogar Bürde empfinden, was die Denker mit viel Ironie zum Ausdruck bringen. Über eine Form des Reichtums haben wir allerdings noch gar nicht gesprochen.

Immaterieller Reichtum

Es ist kein Naturgesetz, dass Reichtum automatisch mit Geld in Verbindung gebracht wird. Für zahlreiche Menschen sind andere Dinge entscheidend, um sich reich zu fühlen: Die empfundene Nähe zu Gott durch Religion, einen guten Draht zur Familie, aufrichtige Freunde oder künstlerische Aktivitäten.

Und wenn Sie einen digitalen Nomaden fragen, was für ihn Reichtum bedeutet, wird er Ihnen wahrscheinlich mit „Reisefreiheit“ antworten. Und ein Sinnsuchender findet seinen ganz persönlichen Reichtum vielleicht in der Askese. Aber so wichtig der unsichtbare Reichtum auch ist – ein bisschen Geld zu haben, kann nicht schaden, oder?

Butter bei die Fische

Auch wenn der materielle Reichtum viel Kritik erfährt: Eine stabile finanzielle Lage hat unbestreitbare Vorteile gegenüber der Armut. Wer kein Geld hat, der kommt in unserer Gesellschaft weder zu einer Wohnung, noch zu Nahrung oder Kleidung. Außerdem müssen die Bürger selbst für ihr Alter vorsorgen, denn die staatliche Rente wird auf absehbare Zeit äußerst knapp werden.

Es ist also vernünftig, Geld auf dem Konto zu haben. Und noch vernünftiger ist es, ein bisschen Geld zu sparen.

Schaffe, spare, Häusle baue

Sicherheit ist den Deutschen wichtig. Umso weniger überrascht es, dass es auch beim Geld heißt: Halte alles zusammen, du könntest es verlieren. Entsprechende Beruhigung soll die Einlagensicherung garantieren: Bis zu 100.000 Euro ist der „Reichtum“ jedes Kontoinhabers in Deutschland gesetzlich geschützt.

Demgegenüber stehen häufig geringe Löhne und das Sparen „auf Kante“. Ohnehin haben die Bundesbürger wenig bis gar keine Ahnung von Finanzen, Investitionen und Konten. Das rächt sich, wie Untersuchungen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Demnach geben die Deutschen heutzutage wesentlich mehr Geld für Hotels und Restaurantbesuche aus als noch vor 15 Jahren. Was sie also nicht im Sparstrumpf haben, das haben sie auf den Rippen.

Trotzdem bekommen viele Menschen den Eindruck, dass es hinten und vorne nicht reicht. Für sie ist Reichtum so weit entfernt wie der Mars, aber selbst der lässt sich ja bald bereisen. Also besteht auch noch Hoffnung für das Sparverhalten der Deutschen, um vielleicht ein Stück vom Reichtums-Kuchen abzukriegen.

Reichtum vs. Wohlstand

Es muss nicht immer gleich der ganz große Lotto-Gewinn sein. Der Begriff „Reichtum“ mag einen negativen Beigeschmack haben, bei „Wohlstand“ sieht es aber schon anders aus. Da geht es um unser Wohl(-ergehen) und das ist erstrebenswert. Nicht umsonst sind eine gerechte Einkommensverteilung und steigende Reallöhne wichtige Grundlagen für die Zufriedenheit einer Gesellschaft. Vielleicht sollten wir es wie das kleine Königreich Bhutan machen und eine Staatskommission gründen, die das Bruttonationalglück ermittelt. Lieber doch nicht?

Die Folgen plötzlichen Reichtums

Über die Folgen plötzlichen Reichtums zu sprechen, erscheint paradox. Schließlich haben Millionen Menschen weltweit Geldsorgen. Auch in Deutschland ist Armut leider ein Thema und für viele reicht ein Job inzwischen nicht mehr aus, um über die Runden zu kommen. Wäre es da nicht ein Segen, über Nacht zum Millionär zu werden? Nicht unbedingt. Denn der Segen kann schnell einer bitteren Ernüchterung weichen.

Was ist überhaupt Reichtum?

Ab wann jemand reich ist, wird durch die eigene subjektive Einstellung, sowie die äußeren Faktoren bedingt. Reich kann auch jemand sein, der wenig Geld hat, nämlich innerlich reich. Für manche Menschen ist die Zeit das Kostbarste im Leben und nicht mit Finanziellem aufzuwiegen. Sie fühlen sich reich, wenn sie Zeit mit ihren Liebsten und den Dingen, die sie wirklich tun wollen, verbringen können.

Selbst beim finanziellen Reichtum liegen Welten zwischen den jeweiligen Vorstellungen. Einem Bauarbeiter in China dürfte der Lohn seines Kollegen in Deutschland wie blanker Reichtum vorkommen. Allerdings sollte dabei die Verhältnismäßigkeiten nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Denn 100 Euro in Deutschland haben weitaus schwächere Kaufkraft als 100 Euro in China.

Ähnlich verhält es sich mit den Beträgen: Für den einen sind 10.000 Euro purer Reichtum, ein anderer denkt in sechsstelligen Kategorien und wieder ein anderer kann gar nicht reich genug sein. Es gibt daher keine Maßeinheit, nach der Reichtum sich bemessen lässt. Die Prioritäten, aber auch unsere Umwelt entscheiden, wann wir uns als reich empfinden und wann als arm. Und das hat nicht immer Vorteile für uns, insbesondere, wenn unser Reichtum bekannt wird.

Neid muss man sich verdienen

Es ist wohl eher Fluch als Segen, in der Öffentlichkeit als Gewinner großer Geldsummen bekannt zu werden. Beispiele aus der Vergangenheit wie die erste deutsche Gewinnerin von „Wer wird Millionär“ zeigen, wie schnell das vermeintlich große Glück verebben kann. Die Gründe für die Armut trotz anfänglichem Reichtum ähneln sich oft: Teure Reisen und Anschaffungen, falsche Freunde und spekulative Fehlinvestitionen.

Daher laden Lottogesellschaften die ganz großen Glückspilze zu Beratungsgesprächen ein, in denen sie ihnen zwei Ratschläge auf den Weg geben: Geben Sie nicht alles auf einmal aus und halten Sie sich bedeckt. Ersteres soll den Totalverlust mit Schulden verhindern, der zweite Tipp den aufkeimenden Neid und die damit verbundene Gefahr, ausgenutzt zu werden.

Doch selbst die Menschen, die sich als Neureiche diskret verhalten, werden ihrem sozialen Umfeld entrückt, wie die Psychologin Felicitas Heyne im Focus erklärt:

„In Freundschaften gilt: Gleich und gleich gesellt sich gern. Meist sind Menschen aus einem ähnlichen Umfeld befreundet, es verbinden ähnliche Interessen oder eine vergleichbare Lebenssituation. Eine große Geldsumme verändert diese schlagartig. Viele Freundschaften zerbrechen an so einer Konstellation.“

Es ergeben sich also auch Probleme aus einem überwältigenden Reichtum, wenn Sie ihn nicht an die große Glocke hängen. Die plötzliche Veränderung kann Konflikte mit dem alten Umfeld hervorrufen und unangenehme Bettelgesuche zur Folge haben.

Nicht alles hinschmeißen

Ein weiterer Anfängerfehler in Sachen Reichtum ist, dass die Begünstigten ihr altes Leben auf der Stelle umkrempeln. Dumm nur, dass es meistens nur eine Chance gibt, diesen Anfängerfehler zu begehen bzw. zu vermeiden. Da werden stabile Jobs gekündigt, große Häuser mit enormem Energieverbrauch und schmucke Autos gekauft, die den Tank schneller leer fressen, als Sie „Benzin“ sagen können.

Sowohl Psychologen als auch Finanzexperten raten dringend davon ab, die stabilen Lebensverhältnisse (falls vorhanden), vorzeitig abzubrechen. Sonst droht die Gefahr von Kaufräuschen. Auch auf riskante Spekulationen, um noch mehr Geld aus Gier zu machen, sollten Sie dringend verzichten.

Alte Muster, die behindern

Was haben wir zeit unseres Lebens nicht alles über Geld gehört:

  • „Geld macht nicht glücklich“
  • „Geld verdirbt den Charakter“
  • „Geld fällt nicht vom Himmel“

Diese unbewussten Botschaften bestimmen unser Denken über Wohlstand und Reichtum. Doch Geld an sich ist ein Neutrum. Es ist weder gut noch schlecht, aber in unserer Gesellschaft notwendig, um überleben zu können.

Klar ist jedoch auch, dass plötzlicher Reichtum angesichts solcher Glaubenssätze zu inneren Konflikten führt. Was meinen Sie: Wie wird ein Mensch sich fühlen, der glaubt, dass Geld nicht glücklich macht und auf einmal viel Geld bekommt? Richtig: Sehr unglücklich.

Widersprüchlich erscheint auch, dass Geld nur dann das empfundene Glück steigert, wenn es sich schrittweise erhöht. Der gleiche „Glücks-Effekt“ stellt sich in den hohen Einkommensklassen nicht mehr ein. Wissenschaftler sind sich über die Gründe dafür uneins. Am wahrscheinlichsten ist allerdings die Theorie, dass wer bereits viel Geld hat, durch ein bisschen mehr nicht glücklicher wird. Wer jedoch über wenig oder sehr wenig Geld verfügt, für den ist jede noch so kleine Finanzspritze entscheidend.

Fazit

Geld allein macht nicht glücklich, das stimmt. Gesundheit, ein soziales Netz, erfüllende Tätigkeiten und viele weitere immaterielle Dinge sind genauso wichtig für die Zufriedenheit. Doch so ganz ohne Geld geht es eben auch nicht. Und mal ehrlich: Reichtum kann auch sehr befreiend wirken, wenn es sich dabei um einen angenehmen Wohlstand handelt.

Reichtum misst sich zwar nicht an einer festen Summe, da jeder eine andere Vorstellung davon hat. Dennoch kann ein Geldsegen das Leben verbessern: Sofern Sie Ruhe bewahren und Ihr finanzielles Glück mit kühlem Kopf genießen. Zusammenfassend kann das Sprichwort also lauten: Wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wär, wär der Reichtum nicht so schwer!


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