Schuldenfalle – warum es auch junge Menschen trifft
Stand: 09.11.2022
Die Ausbildung ist abgeschlossen, das Studium fertig: Wird man erwachsen, scheinen einem alle Türen offen zu stehen. Doch viele junge Menschen starten finanziell vorbelastet ins Berufsleben. Schulden treffen nicht nur Anleger oder Kreditnehmer: Sie lauern an ganz anderen Stellen und können bereits Personen unter 30 erhebliche Schwierigkeiten bereiten.
Bedenkliche Entwicklung Handyverträge Unbezahlte Rechnungen Auto auf Pump Kreditkarten Lebenshaltungskosten Sind nur junge Menschen gefährdet? SCHUFA-Einträge als Folge Was tun? Fazit
Bedenkliche Entwicklung
Nicht nur Jugendliche, auch junge Erwachsene laufen Gefahr, Schulden anzuhäufen. Aktuell liegt der Anteil junger Menschen, die sich verschulden, bei ca. 70 %. Dem Statistischen Bundesamt zufolge belaufen sich die durchschnittlichen Schulden 20-25 Jähriger auf 8.800 Euro. Und laut einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hatten bereits 69 % der 14- bis 24-Jährigen schon einmal Schulden. Zwar sind das noch keine Verhältnisse wie in den USA, wo jeder zehnte Bürger Schulden für völlig normal hält.
Doch wie konnte und wie kann es dazu kommen, dass junge Leute mit wenig Geld in diese finanziellen Schwierigkeiten geraten? Klar ist: Es sind auch, aber nicht nur, die digitalen Verlockungen und Versuchungen, die aus Heranwachsenden die Schuldner von morgen machen.
Handyverträge
Besonders beliebt sind Handyverträge mit vermeintlich attraktiven Konditionen: Top-Smartphones sind im Netz nur wenige Klicks entfernt und die Monatsrate erscheint auf den ersten Blick bezahlbar. Hierbei wird jedoch oft vergessen, dass diese Rate volle zwei Jahre oder sogar länger entrichtet werden muss. Natürlich darf bei einem teuren Smartphone auch die Diebstahlversicherung nicht fehlen. Diese wird allerdings meist über einen externen Anbieter abgeschlossen, der den fälligen Betrag beispielsweise einmal im Jahr abbuchen kann. Derartige Kosten fallen dann schnell unter den Tisch.
Auch besteht wie bei jeder Ratenzahlung die Gefahr, am Ende deutlich mehr draufzuzahlen. Wenn es sich nicht gerade um eine 0 % – Finanzierung handelt, können für den Luxus des Späterzahlens mehrere hundert Euro zusätzlich anfallen.
Hinzu kommt die Ungeduld: Zwei Jahre sind eine lange Zeit, besonders auf dem Technikmarkt. So mancher möchte immer auf dem neuesten Stand bleiben und holt sich die aktuellste Generation Smartphone – obwohl das „alte“ noch gar nicht bezahlt ist.
Obacht gilt auch bei „Sparangeboten“ und „Spezialtarifen“. Dahinter verbergen sich häufig teure Abonnements für Spiele, Musik, etc.
Unbezahlte Rechnungen
Wenn die Lastschriftzahlung nicht funktioniert und die Rechnungen nicht bezahlt werden, fallen schnell Gebühren an. Unbezahlte Rechnungen führen zu Mahnungen und diese im schlimmsten Fall zum Inkasso-Büro. Von da an wird es nicht nur richtig teuer, sondern auch existenziell bedrohlich. Als letzte Maßnahme droht gar die Zwangsvollstreckung. Besonders prekär wird die Lage, wenn es um große Anschaffungen geht.
Auto auf Pump
Wer träumt nicht davon, bereits in jungen Jahren mit einem schicken Neuwagen durch die Gegend zu fahren? Insbesondere Vertreter des männlichen Geschlechts glauben ja an die unwiderstehliche Wirkung von poliertem Lack und glänzenden Felgen. Schnell kann da der Verstand aussetzen. Wenn dann auch noch das Wort Ratenkredit fällt, unterschreibt so mancher PS-Freund so eilig den Vertrag, dass die Vernunft nicht hinterherkommt.
Kreditkarten
Kreditkarten flüstern dasselbe Versprechen wie die Ratenkredite: Kaufe heute, zahle morgen. Mit einem großzügigen Verfügungsrahmen wird eine Shopping-Tour noch reizvoller. Vielfach steht daher die Finanzwirtschaft in der Kritik, die es jungen Menschen zu leicht mache, Geld auszugeben, das sie nicht haben.
Lebenshaltungskosten
Nicht nur Annehmlichkeiten treiben junge Menschen in den Ruin, auch die ganz normalen Posten können Probleme bereiten – etwa, wenn eine Nebenkosten Nachzahlung unerwartet fällig wird. Oder die Hose kaputtgeht. Auch gehobene Kleidung für anstehende Bewerbungsgespräche bezahlt sich nicht von selbst.
Dazu Miete, Lebensmittel, Computer, Fahrrad, Versicherungen – so mancher junge Mensch kann sich von den Verbindlichkeiten des Lebens schnell erschlagen fühlen und den Überblick verlieren.
Selbst kleinere Ausgaben können große Schwierigkeiten verursachen: Wenn das Haustier plötzlich krank wird und eine Behandlung braucht. Oder ein Gegenstand kaputtgeht, der nicht in die Hausratversicherung eingeschlossen ist, aber dringend ersetzt werden muss.
Sind nur junge Menschen gefährdet?
Experten sehen in der Chance des Online-Kaufs zugleich eine Gefahr. Geld wird nicht mehr bar bezahlt, also physisch erst dann ausgegeben, wenn man es hat, sondern digital. Während Rentner 2016 von Erhöhungen profitieren, bleibt die Lage für junge Menschen schwierig. Eine gute Entwicklung zeichnet sich zumindest für Studenten im kommenden Herbst ab: Dann nämlich soll der BAföG-Satz angehoben werden.
Lebenserfahrene Menschen sind bei Schulden tendenziell umsichtiger. Das bedeutet jedoch nicht, dass nur die Jugend Schulden macht, wie die Zahlen des Statistischen Bundesamtes beweisen. So werden jährlich über 100.000 Insolvenzverfahren von Verbrauchern beantragt. 2014 waren 20 % der 45- bis 54-Jährigen verschuldet. Bei den 25- bis 34-Jährigen waren es hingegen „nur“ 15 %.
Auch steht einer Verschuldung der Trend zum Minimalismus entgegen. Immer mehr junge Menschen sagen sich weitestgehend vom Konsum los, was die Gefahr von Verschuldung ebenfalls senkt. Auch erfreulich ist, dass der GfK-Studie zufolge erstaunliche 85 % der 14- bis 24-Jährigen sparen.
Darüber hinaus hat das Interesse an Finanzwissen zugenommen. Eine Auffrischung dahingehend ist nicht nur für Jugendliche und junge Erwachsene zu empfehlen. Wir Deutschen haben im internationalen Vergleich wenig Ahnung von der Wirtschaft und ihren Gesetzen.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Selbstorganisation. Zum Erwachsenwerden gehört es dazu, Fristen und Termine einzuhalten, sowie sich begehrte Dinge zu versagen, um sie sich zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich leisten zu können.
SCHUFA-Einträge als Folge
Wer sich verschuldet, riskiert SCHUFA-Einträge. Diese können Auswirkungen auf die eigene Bonität haben und Probleme bei der Abschließung eines Mietvertrages oder einer Kontoeröffnung nach sich ziehen.
Was tun?
Hochverschuldete junge Menschen stehen mit ihrem Problem nicht allein da. Ansprechstellen wie die Jugendschuldnerberatung der Arbeiterwohlfahrt helfen ihnen, einen Weg aus den Schulden zu finden. Darüber hinaus geben wir in unserem Blog regelmäßig Tipps zur Schuldenvermeidung und zum Vermögensaufbau – damit Ihr hart verdientes Geld nicht verloren geht.
Mit diesen Tipps beugen Sie Schulden vor:
- Führen Sie ein Haushaltsbuch. Inzwischen gibt es eine Vielzahl digitaler Lösungen, die Ihnen helfen, auch die versteckten Kosten sichtbar zu machen. Damit Ihnen nichts durchrutscht, prüfen Sie am besten die Kontoauszüge der letzten zwölf Monate.
- Fragen Sie sich vor jeder Kreditaufnahme: Brauche ich das wirklich? Wenn möglich, sparen Sie lieber für eine Anschaffung, anstatt sich in Konsumkrediten zu verzetteln. Wer clever ist, guckt nach Schnäppchen und kauft einen Jahreswagen statt einen Neuwagen, B-Ware oder generalüberholte Geräte.
- Mehr Dinge bedeuten gleichzeitig mehr Kosten und mehr Aufwand. Das liegt am sogenannten Besitztumseffekt. Unnötige Anschaffungen fressen Zeit, Aufmerksamkeit und Geld. Halten Sie Ihren Haushalt daher einfach und übersichtlich.
- Für junge Erwachsene: Werbung und Marketing konzentrieren sich besonders auf euch. Sie wollen nur bewirken, dass ihr die teuren Produkte kauft. Ob ihr euch dabei haushoch verschuldet, ist den Unternehmen egal. Tut ihnen nicht den Gefallen.
Weiterhin hilft die Deutsche Schuldenbefreiung auf ihrer Webseite. Und eine Selbstauskunft bei der SCHUFA oder eine Forderungsaufstellung zu beantragen ist zwar unangenehm, kann aber sehr hilfreich und erhellend sein. So erdrückend Schulden auch sein mögen: Gerade bei diesem Thema ist es besonders wichtig, dass Sie einen kühlen Kopf bewahren und sich Schritt für Schritt herausarbeiten.
Fazit
Auch wenn die Verschuldung bei jungen Menschen nach wie vor hoch ist, hat diese im Vergleich zu den Vorjahren einen leichten Rückgang zu verzeichnen. Wer Versuchungen und Kaufimpulsen widersteht, vermeintlich wohlklingende Angebote vernünftig prüft und seine Finanzen im Blick behält (zum Beispiel mit einer Haushaltsbuch-App), der reduziert das Risiko, sich zu verschulden.