Schuldenfalle – warum es auch junge Menschen trifft

Stand: 11.12.2023

Junge Menschen in der Schuldenfalle

Die Ausbildung ist abgeschlossen, das Studium fertig: Wird man erwachsen, scheinen einem alle Türen offen zu stehen. Doch viele junge Menschen starten finanziell vorbelastet ins Berufsleben. Schulden treffen nicht nur Anleger oder Kreditnehmer: Sie lauern an ganz anderen Stellen und können bereits Personen unter 30 erhebliche Schwierigkeiten bereiten.

Bedenkliche Entwicklung Handyverträge Unbezahlte Rechnungen Auto auf Pump Kreditkarten Lebenshaltungskosten Sind nur junge Menschen gefährdet? SCHUFA-Einträge als Folge Was tun? Fazit

Bedenkliche Entwicklung

Nicht nur Jugendliche, auch junge Erwachsene laufen Gefahr, Schulden anzuhäufen. Laut einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hatten bereits 69 % der 14- bis 24-Jährigen schon einmal Schulden.

Statistik

Der Statistik zur Überschuldung privater Personen vom Statistischen Bundesamt zufolge beliefen sich die durchschnittlichen Schulden 20-25 Jähriger auf 9.177 Euro (Stand: 2021).

Zwar sind das noch keine Verhältnisse wie in den USA, wo jeder zehnte Bürger Schulden für völlig normal hält.

Doch wie konnte und wie kann es dazu kommen, dass junge Leute mit wenig Geld in diese finanziellen Schwierigkeiten geraten? Klar ist: Es sind auch, aber nicht nur, die digitalen Verlockungen und Versuchungen, die aus Heranwachsenden die Schuldner von morgen machen.

Handyverträge

Besonders beliebt sind Handyverträge mit vermeintlich attraktiven Konditionen: Top-Smartphones sind im Netz nur wenige Klicks entfernt und die Monatsrate erscheint auf den ersten Blick bezahlbar. Hierbei wird jedoch oft vergessen, dass diese Rate volle zwei Jahre oder sogar länger entrichtet werden muss. Natürlich darf bei einem teuren Smartphone auch die Diebstahlversicherung nicht fehlen. Diese wird allerdings meist über einen externen Anbieter abgeschlossen, der den fälligen Betrag beispielsweise einmal im Jahr abbuchen kann. Derartige Kosten fallen dann schnell unter den Tisch.

Auch besteht wie bei jeder Ratenzahlung die Gefahr, am Ende deutlich mehr draufzuzahlen. Wenn es sich nicht gerade um eine 0 % – Finanzierung handelt, können für den Luxus des Späterzahlens mehrere hundert Euro zusätzlich anfallen.

Hinzu kommt die Ungeduld: Zwei Jahre sind eine lange Zeit, besonders auf dem Technikmarkt. So mancher möchte immer auf dem neuesten Stand bleiben und holt sich die aktuellste Generation Smartphone – obwohl das „alte“ noch gar nicht bezahlt ist.

Obacht gilt auch bei „Sparangeboten“ und „Spezialtarifen“. Dahinter verbergen sich häufig teure Abonnements für Spiele, Musik, etc.

Statistik

Laut Pressemitteilung Nr. 199 vom Statistischen Bundesamt hatten 2018 64,9 % der unter 25-Jährigen, die sich an eine Schuldnerberatung gewandt haben, Schulden bei Telekommunikationsunternehmen (durchschnittlich 1.573 Euro).

Unbezahlte Rechnungen

Wenn die Lastschriftzahlung nicht funktioniert und die Rechnungen nicht bezahlt werden, fallen schnell Gebühren an. Unbezahlte Rechnungen führen zu Mahnungen und diese im schlimmsten Fall zum Inkasso-Büro. Von da an wird es nicht nur richtig teuer, sondern auch existenziell bedrohlich. Als letzte Maßnahme droht gar die Zwangsvollstreckung. Besonders prekär wird die Lage, wenn es um große Anschaffungen geht.

Statistik

Im Jahr 2021 waren 38 % der 20- bis 24-Jährigen, die eine Schuldnerberatung genutzt haben, bei Online-Händlern verschuldet. Bei Unter-20-Jährigen waren es 25 %. (Quelle)

Auto auf Pump

Wer träumt nicht davon, bereits in jungen Jahren mit einem schicken Neuwagen durch die Gegend zu fahren? Insbesondere Vertreter des männlichen Geschlechts glauben ja an die unwiderstehliche Wirkung von poliertem Lack und glänzenden Felgen. Schnell kann da der Verstand aussetzen. Wenn dann auch noch das Wort Ratenkredit fällt, unterschreibt so mancher PS-Freund so eilig den Vertrag, dass die Vernunft nicht hinterherkommt.

Kreditkarten

Kreditkarten flüstern dasselbe Versprechen wie die Ratenkredite: Kaufe heute, zahle morgen. Mit einem großzügigen Verfügungsrahmen wird eine Shopping-Tour noch reizvoller. Vielfach steht daher die Finanzwirtschaft in der Kritik, die es jungen Menschen zu leicht mache, Geld auszugeben, das sie nicht haben.

So gibt es je nach Kreditkartenart einen Verfügungsrahmen. Dieser ist nicht immer perfekt an die finanziellen Verhältnisse der jungen Kunden angepasst. Solche Kreditkarten müssen nicht sofort, sondern erst nach 1 oder 2 Monaten ausgeglichen werden. Viele sagen sich dann: “Ich hab ja noch Zeit und nächsten Monat kommt ja wieder Geld auf mein Konto.” Nur dass dann das Geld schon wieder knapp ist. Wird dann die Kreditkarte nicht rechtzeitig ausgeglichen, fallen sehr hohe Zinsen von bis zu 20 % an.

Lebenshaltungskosten

Nicht nur Annehmlichkeiten treiben junge Menschen in den Ruin, auch die ganz normalen Posten können Probleme bereiten – etwa, wenn eine Nebenkostennachzahlung unerwartet fällig wird oder die Hose kaputtgeht. Auch gehobene Kleidung für anstehende Bewerbungsgespräche bezahlt sich nicht von selbst.

Dazu Miete, Lebensmittel, Computer, Fahrrad, Versicherungen – so mancher junge Mensch kann sich von den Verbindlichkeiten des Lebens schnell erschlagen fühlen und den Überblick verlieren.

Selbst kleinere Ausgaben können große Schwierigkeiten verursachen: Wenn das Haustier plötzlich krank wird und eine Behandlung braucht. Oder ein Gegenstand kaputtgeht, der nicht in die Hausratversicherung eingeschlossen ist, aber dringend ersetzt werden muss.

Und wie gravierend die Auswirkungen der Inflation mit den gestiegenen Preisen sind, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

Sind nur junge Menschen gefährdet?

Lebenserfahrene Menschen sind bei Schulden tendenziell umsichtiger. Das bedeutet jedoch nicht, dass nur die Jugend Schulden macht, wie die Zahlen des Statistischen Bundesamtes beweisen.

Statistik

2021 wurden knapp 80.000 Insolvenzverfahren von Verbrauchern beantragt. (Quelle) 574.523 Personen haben im gleichen Jahr eine Schuldnerberatung aufgesucht. Davon waren 5,5 % zwischen 20 und 25 Jahre und 25,3 % zwischen 25 und 35 Jahren alt. (Statistik zur Überschuldung privater Personen)

Auch steht einer Verschuldung der Trend zum Minimalismus entgegen. Immer mehr junge Menschen sagen sich weitestgehend vom Konsum los, was die Gefahr von Verschuldung ebenfalls senkt. Auch erfreulich ist, dass der GfK-Studie zufolge erstaunliche 85 % der 14- bis 24-Jährigen sparen.

Darüber hinaus hat das Interesse an Finanzwissen zugenommen. Eine Auffrischung dahingehend ist nicht nur für Jugendliche und junge Erwachsene zu empfehlen. Wir Deutschen haben im internationalen Vergleich wenig Ahnung von der Wirtschaft und ihren Gesetzen.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Selbstorganisation. Zum Erwachsenwerden gehört es dazu, Fristen und Termine einzuhalten, sowie sich begehrte Dinge zu versagen, um sie sich zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich leisten zu können.

SCHUFA-Einträge als Folge

Wer sich verschuldet, riskiert SCHUFA-Einträge. Diese können Auswirkungen auf die eigene Bonität haben und Probleme bei der Abschließung eines Mietvertrages oder einer Kontoeröffnung nach sich ziehen.

Was tun?

Hochverschuldete junge Menschen stehen mit ihrem Problem nicht allein da. Ansprechstellen wie die Jugendschuldnerberatung der Arbeiterwohlfahrt helfen ihnen, einen Weg aus den Schulden zu finden. Wichtig dabei ist, dass Sie Eigeninitiative ergreifen und ehrlich sind.

Eine Schuldnerberatung läuft wie folgt ab:

  1. Kontaktaufnahme: Sie als Schuldner nehmen zunächst Kontakt mit der Beratungsstelle Ihrer Wahl auf. Meist gibt es zum ersten Kennenlernen ein kurzes Telefonat oder einen Termin vor Ort. Wenn sich beide Parteien eine Zusammenarbeit vorstellen können, wird der erste richtige Beratungstermin vereinbart.
  2. Bestandsaufnahme: Zu Beginn wird sich ein Überblick über Ihre aktuelle Schuldensituation verschafft. Hierbei ist wichtig, dass Sie alle wichtigen Unterlagen geordnet und vorbereitet dabei haben. Dazu gehören unter anderem Kontoauszüge, Einkommensnachweise, Rechnungen, Mahnungen, Finanzierungspläne und Verträge. Die Schuldnerberatung wird sich nicht nur über Ihre wirtschaftliche, sondern auch über Ihre persönliche Situation erkundigen.
  3. Haushaltsplan: Gemeinsam erstellen Sie einen Haushaltsplan, der Ihre Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellt. Dabei wird geschaut, ob es weitere Einnahmemöglichkeiten wie z.B. staatliche Hilfen gibt und ob Sie bestimmte Ausgaben einsparen können.
  4. Schuldenregulierung: Nun werden alle Schulden detailliert aufgelistet, d.h. bei welchen Gläubigern haben Sie wie viel Schulden und wie sehen die Zahlungsmodalitäten und genauen Vereinbarungen aus.
  5. Einigungsversuch: Basierend auf den erstellten Haushalts- und Schuldenregulierungsplänen wird nun versucht, mit den Gläubigern eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Wenn aktuell eine Rückzahlung der Schulden nicht möglich ist, wird probiert, eine Stundung der Schulden zu erreichen.

Darüber hinaus geben wir in unserem Blog regelmäßig Tipps zur Schuldenvermeidung und zum Vermögensaufbau – damit Ihr hart verdientes Geld nicht verloren geht.

Mit diesen Tipps beugen Sie Schulden vor:

  1. Führen Sie ein Haushaltsbuch. Inzwischen gibt es eine Vielzahl digitaler Lösungen, die Ihnen helfen, auch die versteckten Kosten sichtbar zu machen. Damit Ihnen nichts durchrutscht, prüfen Sie am besten die Kontoauszüge der letzten zwölf Monate.
  2. Fragen Sie sich vor jeder Kreditaufnahme: Brauche ich das wirklich? Wenn möglich, sparen Sie lieber für eine Anschaffung, anstatt sich in Konsumkrediten zu verzetteln. Wer clever ist, guckt nach Schnäppchen und kauft einen Jahreswagen statt einen Neuwagen, B-Ware oder generalüberholte Geräte.
  3. Mehr Dinge bedeuten gleichzeitig mehr Kosten und mehr Aufwand. Das liegt am sogenannten Besitztumseffekt. Unnötige Anschaffungen fressen Zeit, Aufmerksamkeit und Geld. Halten Sie Ihren Haushalt daher einfach und übersichtlich.
  4. Für junge Erwachsene: Werbung und Marketing konzentrieren sich besonders auf euch. Sie wollen nur bewirken, dass ihr die teuren Produkte kauft. Ob ihr euch dabei haushoch verschuldet, ist den Unternehmen egal. Tut ihnen nicht den Gefallen.

Weiterhin hilft die Deutsche Schuldenbefreiung auf ihrer Webseite. Und eine Selbstauskunft bei der SCHUFA oder eine Forderungsaufstellung zu beantragen ist zwar unangenehm, kann aber sehr hilfreich und erhellend sein. So erdrückend Schulden auch sein mögen: Gerade bei diesem Thema ist es besonders wichtig, dass Sie einen kühlen Kopf bewahren und sich Schritt für Schritt herausarbeiten.

Wer trägt Verantwortung?

Auf der einen Seite sollte jeder Mensch Verantwortung für sein Leben und seine Entscheidungen übernehmen. Auf der anderen Seite leben wir in einer Gesellschaft, die es leicht macht, Schulden aufzubauen.

  • Mit wenigen Klicks können Millionen Produkte rund um die Uhr im Internet gekauft werden.
  • Social Media mit vielen Influencern, die einen bestimmten (teuren) Lifestyle anpreisen.
  • Überall Werbung, die einem einredet: „Du musst das Neueste haben. Das macht dein Leben besser. Nur dann bist du etwas wert.“

Hinzu kommt, dass viele Jugendliche nicht den richtigen Umgang mit Geld lernen. Teilweise sind bereits die Eltern selbst verschuldet. Während man in der Schule mathematische Formeln erlernt, die 99 % aller Schüler im späteren Leben nie wieder brauchen, gibt es keinen Unterricht über Geld und Finanzen.

Auch Kreditinstitute könnten mehr tun, um Schulden entgegenzuwirken. Hier sind ein paar Ideen:

  • Schon bei der Eröffnung des Kinderkontos könnte man dem Kind einen für die Zielgruppe passenden Ratgeber „Der richtige Umgang mit Geld“ mitgeben, der spielerisch vermittelt, wie man seine Finanzen verwaltet.
  • Ein Bonussystem, bei dem Jugendliche belohnt werden, wenn Sie nicht alles ausgeben.
  • Vor allem bei jungen Menschen eine strengere Prüfung bei der Vergabe von Dispo- und Konsumkrediten.
  • Schon bei den ersten Anzeichen einer Überschuldung das Gespräch mit der Person suchen.

Inwieweit solche Ideen realistisch umsetzbar sind, ist natürlich die Frage, wenn so viele Banken den Gewinn an erster Stelle setzen.

Fazit

Wer Versuchungen und Kaufimpulsen widersteht, vermeintlich wohlklingende Angebote vernünftig prüft und seine Finanzen im Blick behält (zum Beispiel mit einer Haushaltsbuch-App), der reduziert das Risiko, sich zu verschulden.

Auch wenn die Verschuldung bei jungen Menschen nach wie vor hoch ist, nimmt diese laut dem SchuldnerAtlas 2022 im Vergleich zu den Vorjahren weiter ab. Doch die Folgen der Inflation werden erst in den nächsten Statistiken sichtbar sein.


Ihre Kommentare zu diesem Beitrag